
Wer am Langenselbolder Kinzigsee spazieren geht, kann nun schon seit einigen Jahren schmucke sogenannte Wochenendhäuser auf dem Gelände des Campingplatzes bewundern. Mittlerweile ist auf den Grundstücken im Eigentum des Campingplatzbetreibers eine kleine Wohnsiedlung entstanden. Der Campingplatzbetreiber verpachtet Parzellen, auf die dann die Häuschen gebaut werden.
Wer im Internet stöbert findet hier einiges an Angeboten, so Bernd Weingärtner, für die SPD in der Stadtverordnetenversammlung. Die Häuser werden übrigens meist nicht als Wochenendhaus beworben, sondern als Wohnhaus. Dabei ist laut Bebauungsplan ein dauerhaftes Wohnen gar nicht zugelassen.
Der Wert der Grundstücke ist durch die Bebauung jedenfalls enorm gestiegen. Umso verwunderlicher finden es die Sozialdemokraten, dass der Campingplatzbetreiber offenbar für seine Grundstücke Grundsteuer in einer Höhe bezahlt, als ob es immer noch Wiesen wären. Hierzu muss man wissen, erläutert Timo Greuel, Fraktionsvorsitzender der SPD im Stadtparlament, dass die Bemessungsgrundlage für die Grundsteuer maßgeblich vom so genannten Einheitswert des Grundstücks bestimmt wird. Der Einheitswert wird vom Finanzamt ermittelt und richtet sich unter anderem am Ertragswert eines Grundstückes aus. Seit dem die Häuser auf den einstigen Wiesen stehen und der Campingplatzbetreiber Pachteinnahmen hat, dürfte der Ertragswert und damit der Einheitswert enorm gestiegen sein. Doch das führt wohl derzeit nicht zu einer höheren Grundsteuerzahlung durch den Campingplatzbetreiber. Denn er kann zwei Sachverhalte ausnutzen. Zum einen legt das Finanzamt nur dann von sich aus einen neuen Einheitswert fest, wenn eine Baugenehmigung erteilt worden ist und sie eine entsprechende Nachricht von der Bauaufsichtsbehörde erhält. Für die kleinen Häuser am Kinzigsee ist jedoch keine Baumgenehmigung erforderlich. Somit erfährt das Finanzamt von der Wertsteigerung nichts. Und zweitens, so der Eindruck der Sozialdemokraten scheint die Führung der Stadt nicht daran interessiert zu sein, das Finanzamt auf die Wertsteigerungen der Grundstücke hinzuweisen. Das Ergebnis ist eine Steueroase in Langenselbold, in der sich der Camingplatzbetreiber schön sonnen kann! Eigentlich müsste dieser als Eigentümer der Grundstücke eine dem gestiegenen Wert entsprechende höhere Grundsteuer zahlen.
Verzichten hier Verantwortlichen der Stadt, allen voran der Bürgermeister, bewusst auf Steuereinnahmen? fragen sich Greuel und Weingärtner. Dies finden sie umso ärgerlicher, da die Stadt finanziell am Stock geht. Die Bürger werden -seit dem die Koalition aus CDU und GAL das Ruder in Langenselbold in der Hand hat-, von einer Vielzahl von Steuern- und Gebührenerhöhungen getroffen, um die Löcher im Haushalt zu stopfen. Verschont wurde da fast keiner, meint Bernd Weingärtner. Wohneigentümer, Mieter, Gewerbetreibe, Eltern mit Kindern in städtischen Kitas, Pendler, die am Bahnhof parken und Hundebesitzer wurden zur Kasse gebeten. Nur die Steueroase am Kinzigsee wird nicht angerührt. Das ist ungerecht und kann dem braven Steuerzahler nicht vermittelt werden. Der Antrag der SPD in der Stadtverordnetenversammlung, der an dieser Misere etwas ändern wollte, lehnten CDU und GAL im Übrigen geschlossen ab. Die Steueroase bleibt weiterhin geschützt. Wenn diese Steueroase nicht ausgetrocknet wird, widerspricht dies dem Gebot der Steuergerechtigkeit, schließen Timo Greuel und Bernd Weingärtner.