Langenselbolder Haushalt auch nach zwei Sitzungen noch nicht beschlossen (von Matthias Abel)
Langenselbold (mab). Die GroKo in Langenselbold ist spätestens seit der Wahl des Ersten Stadtrats im September Geschichte – was die anstehende Haushaltsdebatte nun sichtlich erschwert. Sämtliche Fraktionen sind mit ihren Änderungsanträgen auf wechselnde Mehrheiten angewiesen – drei Wochen vor der Kommunalwahl eine komplizierte Angelegenheit. Eigentlich sollten die Parlamentarier den Etat für 2021 am Montag, spätestens jedoch am Dienstag verabschieden. Doch am Ende der zweiten Sitzung stand fest, dass sich vorerst der Haupt- und Finanzausschuss mit den mehr als 30 eingegangenen Änderungsanträgen beschäftigen. Trotzdem soll der Haushalt noch vor der Wahl auf den Weg gebracht werden.
Weder die Hebesätze noch der eigentliche Haushaltsplan wurden in den beiden Sitzungen am Montag und Dienstag überhaupt diskutiert. Bereits die Debatte über die haushaltsrelevanten Fraktionsanträge erwies sich als ein so zeitraubendes Unterfangen, dass sich Stadtverordnetenvorsteher Tobias Dillmann und die Fraktionschefs um 22.15 Uhr am Dienstagabend darauf einigten, den Großteil der mehr als 30 Änderungsanträge wieder in den Haupt- und Finanzausschuss zu verweisen. Der hatte vor den beiden Haushaltssitzungen des Parlaments bereits zwei Mal getagt, die meisten Änderungsanträge sind jedoch erst später eingegangen – und die sind alles andere als ein Pappenstiel. Allein die sieben Beschlussvorlagen der Grünen belaufen sich auf ein Gesamtvolumen von 65 000 Euro, unter anderem für die Erstellung eines städtischen Bodenschutzkonzepts.
Stadt investiert 800 000 Euro in Infektionsschutz in Kitas
Bislang weist der Haushaltsentwurf, den Erster Stadtrat Benjamin Schaaf im Januar eingebracht hatte, ein leichtes Ergebnisplus in Höhe von 191 000 Euro aus. Seit Dienstagabend steht fest, dass der prognostizierte Überschuss deutlich geringer ausfallen wird. Verantwortlich ist unter anderem ein gemeinsamer Antrag von CDU und Freien Wählern zum Infektionsschutz in den Kitas.
Die Freien Wähler hatten bereits im Januar gefordert, sämtliche Langenselbolder Kindertagesstätten mit mobilen Luftfilteranlagen auszustatten. Auf Antrag der CDU war das Thema zunächst in den Bauausschuss überwiesen worden. Der gemeinsame Antrag von Christdemokraten und Freien Wählern, den Patrick Heck (CDU) am Dienstag im Stadtparlament vorstellte, fordert eine weitaus umfangreichere Lösung. So soll der Magistrat unverzüglich eine Fachplanung zur Installation von fest installierten Anlagen oder gleichwertigen Schutzvorrichtungen auf den Weg bringen und die Ergebnisse noch im ersten Halbjahr 2021 vorstellen. In den Räumen, in denen die Installation fester Anlagen keinen Sinn macht, sollen gleichwertige Luftfiltersysteme angeschafft werden. Für die Fachplanung sollen 55 000 Euro in den Haushalt eingestellt werden, zusätzlich sollen bemerkenswerte 800 000 zusätzliche Euro in den Investitionshaushalt 2021 aufgenommen werden.
„Nachdem unser Vorschlag, mobile Geräte anzuschaffen, im Januar nicht angenommen wurde, wollen wir nun eine nachhaltige Lösung mit festen Anlagen umsetzen“, betonte Christiane Kapp (Freie Wähler) am Dienstag. Bernd Kaltschnee (SPD) gab dagegen zu bedenken, dass der geforderte Zeitraum für die erforderliche Prüfung kaum realistisch sei. „Wir brauchen eine schnelle Lösung“, meinte der Sozialdemokrat und stellte einen Änderungsantrag seiner Fraktion vor. Demnach sollten 50 000 Euro für die Anschaffung von Luftfilteranlagen in den Investitionshaushalt eingestellt werden. Dabei geht es nur um jene 19 von insgesamt 114 Räumen, in denen nicht ausreichend gelüftet werden kann. Welches System in den jeweiligen Einrichtungen zur Anwendung kommt, sollte laut SPD im Bauausschuss beraten werden. In der folgenden Abstimmung zeigten sämtliche anderen Fraktionen der SPD die kalte Schulter und votierten mit deutlicher Mehrheit für den Antrag von CDU und Freien Wählern.
Um deutlich weniger Geld ging es beim zweiten Antrag, der am Dienstag diskutiert wurde. Die Debatte verlief allerdings umso hitziger. Die CDU forderte, den Magistrat unverzüglich mit Verhandlungen über die erneute öffentliche Nutzung des Parkplatzes am ABC-Quartier zu beauftragen. Wie Patrick Heck (CDU) betonte, solle damit die angespannte Parksituation in der Innenstadt entschärft werden, unter der besonders die örtlichen Gewerbetreibenden litten. Für eine Beteiligung an den Instandhaltungs- und Unterhaltungskosten der Parkfläche sollten vorsorglich 3 600 Euro in den Haushalt eingestellt werden.
CDU-Stadträte unter „Friendly Fire“
Bürgermeister Greuel fand deutliche Worte: „Wäre Jörg Muth heute Abend anwesend, ich könnte mir vorstellen, dass es ihm den Magen verdrehen würde ob des aus ‚seinen eigenen Reihen‘ vorliegenden Beschlussvorschlags.“ Der Rathauschef erinnerte daran, dass der Eigentümer des Geländes 2016 von der Stadt gefordert hatte, den Parkplatz für 25 000 Euro instand zu setzen. Dabei sei allerdings festgestellt worden, dass die Schäden möglicherweise auch durch die Anlieferung der Geschäfte von Lastwagen verursacht wurden. Ebenso hätte die Stadt die Abwassergebühren tragen sollen. Fristgerecht zum Ende des Jahres 2016 kündigte der Magistrat den bestehenden Vertrag, um neue Konditionen auszuhandeln. Die Position der Stadtverwaltung, die Kosten jeweils hälftig zu tragen, sei auch heute noch sinnvoll. „Offensichtlich erwarten Sie von mir Verhandlungsergebnisse, die mein Vorgänger in Ihren Augen nicht zu liefern imstande war“, wandte sich Greuel an die CDU-Fraktion. „Sie führen damit zwangsläufig den Alt-Bürgermeister vor und nehmen dazu Ihre eigenen Stadträte unter ‚Friendly Fire‘“. Sollte der CDU-Antrag verabschiedet werden, bringe dieser die Stadtverwaltung in eine schwierige Verhandlungsposition, da der Magistrat gegenüber dem Eigentümer so in eine nachsuchende Rolle gedrängt werde. Statt neuer Verhandlungen benötige es eines umfassenden Verkehrskonzepts, bei dem auch die Parkplatzsituation berücksichtigt wird.
„Ich falle Jörg Muth nicht in den Rücken“, sagte Greuel. Genau diesen Vorwurf muss sich nun aber CDU-Magistratsmitglied Gerhard Groß gefallen lassen, der in einem Redebeitrag äußerte, dass die Verhandlungen bislang auch an zwischenmenschlichen Differenzen zwischen Eigentümer und Alt-Bürgermeister gescheitert waren. Mit den Stimmen von SPD, Grünen und Freien Wählen wurde der CDU-Antrag mehrheitlich abgelehnt. Lediglich die FDP stimmte an der Seite der Christdemokraten für den Vorstoß.
Noch nervenzehrender verlief die Debatte über die SPD-Forderung, Vereinen die Nutzungsgebühren für die Hessentagshalle und das frühere Thermo-Fisher-Station für das Corona-Jahr 2020 zu erlassen. Wie Bettina Schonlau (SPD) informierte, betrugen die betreffenden Einnahmen 2019 rund 17 700 Euro. In einem konkurrierenden Hauptantrag forderte die CDU, sämtlichen Vereinen, die städtische Immobilien nutzen, nicht nur die Gebühren, sondern auch die Mieten für das Jahr 2020 und zudem bis Ende März 2021 zu erlassen. SPD-Fraktionschef Bernd Kaltschnee sprach von Taktik: „Sie wollen jedem unserer Anträge einen CDU-Stempel aufdrücken“, warf er den Christdemokraten vor und kritisierte zudem, dass diese auf Nachfrage nicht beziffern konnten, wie teuer die Forderung den Haushalt zu stehen komme. Nach einer langen Sitzungsunterbrechung, in der heftig gerechnet wurde, stand schließlich fest, dass der Miet- und Gebührenerlass die städtischen Einnahmen um geschätzt 37 000 Euro verschlechtern würde. Am Ende gaben die Parlamentarier geschlossen grünes Licht für den CDU-Antrag. Wenig überraschend stimmten sämtliche Abgeordnete geschlossen für einen gemeinsamen Antrag aller Fraktionen, den städtischen Vereinen die Klosterberghalle bis Ende 2021 kostenlos für ihre Versammlungen oder Veranstaltungen zu überlassen.
Nachdem feststand, dass die übrigen Änderungsanträge zuvor im Haupt- und Finanzausschuss diskutiert werden sollen, betonte Bürgermeister Timo Greuel im Gespräch mit der GNZ, wie wichtig es sei, den Etat zeitnah aufzustellen, und verwies darauf, dass dieser, selbst wenn er noch vor der Wahl verabschiedet wird, frühestens im April von der zuständigen Aufsichtsbehörde genehmigt werden kann. Wann sich der Ausschuss und anschließend das Stadtparlament mit dem Zahlenwerk beschäftigt, steht bislang nicht fest. Klares Ziel ist es laut Vorsteher Tobias Dillmann, den Etat noch vor der Kommunalwahl am 14. März zu verabschieden.